Dinslaken 18.01.07 von
Ralf Termath
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Dazu berichtet Ralf Termath: "Gestern gab es vermutlich einen Tornado in Dinslaken. Unser Haus wurde dabei leicht beschädigt, andere Häuser kamen nicht so glimpflich davon. Aber der Reihe nach. Gegen 19.45 saß ich im Wohnzimmer, das der Westseite zugeneigt ist, also voll im Wind stand. Abgesehen von ein paar starken Böen war es zur dieser Zeit merwürdiger Weise recht ruhig, ausser das ein sich näherndes Donnergrollen bemerkbar machte. Dann plötzlich brummte es draussen als ob ein Jet startet, keine Böe vorher hatte auch nur ansatzweise die gleiche Intensität. Man hörte dieses Brummen und Surren näher kommen, sehr nahe. Die Rolläden pressten sich mit solcher Wucht gegen die Scheibe, dass ich dachte, mir fliegt die Scheibe entgegen. Bruchteile von Sekunden später hörten wir draussen ein Rumpeln und Scheppern, da war mir klar, dass etwas mit dem Dach ist. Als ich mit Taschenlampe nach draussen ging, sah ich sofort die heruntergestürzten Dachziegel und Teile der Fassadenverkleidung. Ein Nachbar kam auch sofort aus seinem Haus gelaufen, um nach Schäden zu suchen. Sein Haus hatte auch ein paar Ziegeln an der Westseite gelassen. Am Himmel waren Blitze zu erkennen, jedoch kein Donner; der Wind war zwar frisch, aber keine heftigen Böen.

Von der nahen Augustastraße hörte ich Lautsprecherdurchsagen. Ich kontaktiert einen Kollegen, der auf der Augustastraße wohnt, per icq. Der berichtete mir, dass die Augustastraße in Fahrtrichtung B8 gesperrt wurde, weil unglaublich viele Trümmer auf der Straße lagen: Dachziegel, Äste, halbe Bäume, etc.
Erst etwa eine halbe Stunde später nahmen die Böen wieder an Stärke zu, wobei keine so stark war, dass noch irgendwas am Haus passierte.

Heute morgen begutachtete ich die Schäden. Die Fassadenteile waren von der Ostseite des Hauses. Die Dachziegel von einer nordzugewandten Gaube. Auf der Südseite ist eine Firstpfanne verrutscht und eine Schieferplatte weg. Beim direkt rechts von unserem Haus liegenden Nachbarshaus sind keine Schäden. Der dort wohnende Nachbar kam mir heute morgen mit einem Trümmerteil von unserer Fassade entgegen, und berichtete mir, dass das wohl keine normale Orkanböe gewesen sei und er annehme das es ein Wirbel war. Diese Theorie hatte ich gestern Abend ebenfalls, aber auch eine Fallböe kam für mich in Betracht.

Ich bin dann eben die Augustastraße langgefahren; dort sah ich die Feuerwehr, wie sie einige Gefahrenbäume fällten. Teilweise war der Bürgersteig abgesperrt und überall lagen Trümmer. Aber nur auf einer Länge von etwa 30 Metern, rechts wie links. Die Schäden an den Häusern selber konnte ich im Vorbeifahren leider nicht erkennen. Aber es passt ins Bild, dass es sich um eine Schneise handelt."

"Ob jemand aus unserer Nachbarschaft den Tornado direkt gesehen hat, kann ich leider nicht sagen. Aber unser rechter Nachbar hatte die gleiche Vermutung, insbesondere wegen des tosenden Lärms, der mit keiner anderen Böe vergleichbar war. Im Nachhinein gibt es noch mehrere Auffälligkeiten: So ist zum Beispiel ca. 100m östlich von userem Haus auf dem Jasminweg ein kleines Bäumchen entwurzelt worden, der im Vorgarten steht. Das ist in sofern besonders, weil dort die Vorgärten eigentlich direkt von den Reihenhäusrn windgeschützt sind. Ab dem Jasminweg habe ich keine weiteren Schäden beobachten können. Also wäre die mögliche Schneise etwa 500 Meter lang und etwa 30 Meter breit."

"Unmittelbar nach dem möglichen Tornado sah es auf der Augustastrasse aus wie ein Schlachtfeld, und zwar im Bereich zwischen Gertrudenstrasse und Wilhelminenstrasse. Ein Teil unseres Dachfirstes dürfte sich auch in irgendeinem Garten wiedergefunden haben, denn davon fehlt bisher jede Spur, keinerlei Trümmer die darauf hinweisen in der näheren Umgebung."

Dinslaken 1
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Dinslaken 3
Dinslaken 4
© by Ralf Termath
Weiter berichtet der Augenzeuge Thomas Müller: "Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen, und er wurde mir fast zum Verhängnis, da ich mich zu dieser Zeit mit dem Hund meiner Lebensgefährtin auf Gassigang befand, weil es in dieser Phase des Sturmabends nicht mehr ganz so stürmisch war. Ich befand mich zum Zeitpunkt des Geschehens auf der Elisenstrasse, da wurde der Hund plötzlich total unruhig. Und ich hörte ein näherkommendes Dröhnen, das sich anhörte wie ein vorbeifahrender Güterzug mit Überlänge. Dann sah ich den Schlauch des Tornados wie er über die Dächer der Häuser auf der Elisenstrasse vorbei striff, jede Menge Äste und Trümmer im Gepäck. Da bekam ich es mit der Angst zu tun, und floh mit dem Hund in einen Hauseingang auf der Elisenstrasse. Der Tornado war nur etwa 50 Meter von uns entfernt. Ich zückte mein Fotohandy und machte eine Videoaufnahme, leider war es zu dunkel als das man irgendwas drauf sehen konnte, man hört nur den tosenden Lärm. Gott sei Dank änderte der Tornado seine Zugrichtung in Richtung Fliederweg, striff dabei noch ein großes weisses Haus am Fliederweg, dann konnte ich ihn nicht mehr sehen. Der Tornado hatte merkwürdiger Weise gar kein Bodenkontakt, er schwebte praktisch in Höhe der Dächer und es war kein sehr großer Tornado, aber für mich dennoch beängstigend. Zu Hause angekommen, hielt meine Freundin meine Erzählungen für maßlos übertrieben, auch im Freundeskreis erntete ich nur Hohn und Spott.

Den Tornado konnte ich so gut erkennen, weil die Elisenstrasse im Kreuzungsbereich mit der Emmastrasse und dem Fliederweg sehr gut ausgeleuchtet ist. Zur Geschwindigkeit kann ich nur sagen, dass es mir subjektiv sehr langsam vorkam. Die Bäume auf der Elisenstrasse wurden vom Tornado nur an den Kronen gestreift, und trotzdem wackelten und schwankten sie, als ob jemand sie am Stamm heftig schütteln würde. Allein dieser Anblick war schon ziemlich gruselig. Es kam mir vollkommen unreal vor, wie im Film, der Tornado war in diesem Fall wie ein wildes Tier. Ich konnte ziemlich gut erkennen, dass das Ende des Schlauches etwa 10 Meter vom Erdboden entfwernt war. Dank des Wetterleuchtens was in einiger Entfernung stattfand, aber dennoch genug Licht abgab, konnte ich sehen, dass der Schlauch relativ schräg nach Osten geneigt war und dünner wurde. Nachdem der Tornado über das große Eckhaus am Fliederweg gezogen war, konnte ich nichts mehr sehen. Der Zeitpunkt des Tornados muss so zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr gewesen sein, denn als ich von meiner Runde nach Hause kam, lief im TV noch die Tagesschau."

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