Baiersdorf 15.06.07 von
Winfried Fricke
Der Bericht von Winfried Fricke: "Die Gewitterfront vom Nachmittag des 15.6.07 zog über Baiersdorf in Richtung Nordost hinweg. Während im Stadtkern heftiger Regen, jedoch kaum Hagel niederging (wenige vereinzelte Hagelkörner bis zu 1 - 1,5 cm Durchmesser), stellte sich die Situation wenige hundert Meter weiter westlich am Ortsrand schon deutlich anders dar. Anwohner berichteten von einem heftigen Hagelschauer mit taubeneigroßen Hagelkörnern. Auch in den Wäldern westlich des Main-Donau-Kanals gingen ähnliche Hagelschauer nieder. Dies ist das Gebiet, in dem auch das später beschriebene Schadensfeld nordwestlich von Baiersdorf liegt (siehe Übersichtskarte). Einige Minuten vor Beginn der heftigen Niederschläge konnten vom Ortskern Baiersdorf aus in südlicher Richtung einzelne Wolkenfetzen beobachtet werden, die sich unterhalb der kompakten Wolkenfront in irregulärer Weise bewegten. Es schien Anzeichen einer langsamen Rotation zu geben, dies ist jedoch nicht gesichert. Ein Funnel oder gar ein Tornado war jedoch in dieser Richtung definitiv nicht zu sehen. In Richtung Westen bzw. Nordwesten, wo das weiter unten beschriebene Schadensfeld liegt, war die Sicht leider durch höhere Gebäude versperrt.

In der lokalen Presse wurde von diversen Unwetterschäden in Forchheim berichtet, unter anderem wurden große Bäume umgestürzt (Erlanger Nachrichten vom 16./17.6.07, siehe auch Einsatzbericht des THW Forchheim: http://www.thw-forchheim.de/einsatz/meldungen.php?nr=129). Aus dem Waldgebiet "Mönau" westlich von Erlangen wurden erhebliche Waldschäden gemeldet. (Erlanger Nachrichten vom 18.6.07, http://www.erlanger-nachrichten.de/artikel.asp?art=658834&kat=19&man=12). Im gleichen Artikel wird auch von Beobachtungen einer "Windhose" in diesem Gebiet berichtet. Ein Augenzeuge [Zitat] "hatte vom Auto aus sogar eine Windhose gesehen, die sich von Kosbach kommend auf den Erlanger Vorort zu bewegte. Sein Sohn (...) erkannte vom Balkon aus gar zwei, die sich über der Mönau vereinigten und dort dann alles niedermachten" [Zitat Ende]. Der Ort Kosbach befindet sich südwestlich des Waldgebietes "Mönau" (in der Übersichtskarte links unten). Zum Schadensfeld in der Mönau existiert auch ein detaillierter Bildbericht im Stormchaser-Europe-Forum.

Nachdem Nachbarn von schweren Waldschäden nodwestlich von Baiersdorf berichtet hatten ("schlimmer als bei Kyrill"), habe ich diesen Bereich am 18.6.07 in Augenschein genommen. Das Schadensfeld liegt etwa 2 km nordwestlich von Baiersdorf in der Nähe des Main-Donau-Kanals (siehe Detailkarte). Zunächst fiel am Rande eines Waldstücks eine einzelne in ca. 5 m Höhe abgebrochene Kiefer auf (Stammdurchmesser etwa 40 cm, Bilder 01 bis 05). Die Bruchstelle vermittelt den Eindruck, als ob dieser Baum regelrecht "abgedreht" worden wäre. Der abgebrochene obere Teil des Baumes war in Richtung Ost-Nordost gefallen.

Etwa 150 m weiter westlich befindet sich ein eng begrenztes, weniger als 0,5 ha großes Schadensfeld, in dem etliche Bäume entwurzelt bzw. in einigen Metern Höhe über dem Erdboden abgebrochen sind (Bilder 06-14, östlicher gelb markierter Bereich in der Detailkarte). Einzelne Bäume sehen wieder so aus, als wären sie regelrecht abgedreht worden (z.B. Bild 10). Die vorherrschende Fallrichtung ist ca. Nordost, jedoch liegt auch mindestens ein Baum in Richtung Norden. So ist der in Bild 14 im Vordergrund liegende bereits abgesägte Stamm ziemlich genau nach Nord gefallen, im Hintergrund ist ein weiterer entwurzelter Baum zu sehen, dessen Krone nach Nordosten zeigt. Auffällig ist, daß der Wald außerhalb des beschriebenen relativ kleinen Schadensfeldes nahezu unversehrt erscheint, bereits etwa 10 m vom Rand entfernt stehen die Bäume, als wäre nichts geschehen.

Etwa 500 m westlich des ersten Schadensfeldes gibt es offenbar ein zweites (westlicher gelb markierter Bereich in der Detailkarte). Dort lagen mehrere Bäume quer über dem in westlicher Richtung verlaufenden Waldweg. Es waren gerade Aufräumarbeiten im Gange, der Weg war komplett gesperrt. Daher konnte dieses westliche Schadensfeld auch nicht weiter in Augenschein genommen werden, insbesondere die Ausdehnung nach Westen ist unbekannt. 400 m nordwestlich dieses zweiten Schadensfeldes befinden sich im Wald zwei Karpfenweiher (in der Detailkarte nicht gesondert markiert). Für dieses Gebiet wurde von intensiven Hagelschauern berichtet ("Der Wald war weiß"). Waldschäden sind dort nicht aufgetreten.

In nordöstlicher Richtung etwa 500 m vom ersten Schadensfeld entfernt wurden an einem weiteren Waldweg noch zwei abgebrochene Bäume gefunden (Bilder 15 und 16). Die Fallrichtung dieser Bäume war Ost bzw. Nordost. Bei einer Fahrt am Main-Donau-Kanal entlang in Richtung Nord-Nordost bis zur Ortschaft Hausen konnte ich keine weiteren größeren Schäden feststellen.

Auffällig ist, dass die Orte aller Beobachtungen von Kosbach bis Forchheim fast exakt auf einer Linie liegen. Es gibt aber offenbar keine durchgehende "Schadensspur", sondern nur einzelne isolierte und relativ eng begrenzte Schadensgebiete, diese jedoch mit Schäden von erheblicher Intensität.

In Zusammenhang mit diesen Untersuchungen sei noch ein Hinweis zur Sicherheit gestattet. Während der Inspektion des ersten Schadensfeldes bei Baiersdorf, die ich glücklicherweise von dessen Rand und somit aus sicherer Entfernung durchführte, stürzte plötzlich eine schon teilweise entwurzelte und schräg stehende stattliche Kiefer mit großem Getöse endgültig um (immerhin 3 Tage nach dem Ereignis!). Nicht auszudenken, wenn man dort drunter gerät! Auch können umgestürzte Bäume von außen nicht sichtbar unter erheblicher mechanischer Spannung stehen, die sich unter Umständen in einem heftigen Zurückschnellen von Baumteilen entladen kann. Ich habe mir sagen lassen, daß viele, wenn nicht gar die meisten Unfälle beim Holzfällen während Arbeiten in Windbruchgebieten passieren. Bei allem verständlichen Interesse sollte also bei der Untersuchung von Waldschäden nach Sturmereignissen die eigene Sicherheit nicht ganz vernachlässigt werden."

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Baiersdorf 16
© by Winfried Fricke
Karte Baiersdorf 1
Karte Baiersdorf 2
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