Lülsfeld 01.03.08 von
Thomas Sävert
Karte
(Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Main-Post)
Zeitpunkt: zwischen 08:05 und 08:10 Uhr MEZ. "Besonders schwer getroffen im Umland wurde die Ortschaft Lülsfeld. Massive Schäden gibt es am Kloster Maria Schnee. Dort wurde unter anderem der Glockenturm komplett abgerissen. Zahlreiche Fenster an der Hauptfassade gingen zu Bruch. Möglicherweise wurden die Schäden sogar von einer lokal begrenzten Windhose ausgelöst." (Quelle: Mainpost). Augenzeugen sollen den Tornado beobachtet haben. Es traten Millionenschäden auf, auch größere Schäden an Dachkonstruktionen traten auf. Schäden traten bereits ca. 1,5 Kilometer nordwestlich von Lülsfeld auf, hier wurde ein Strommast geknickt. Im angrenzenden Frankenwinheimer Wald (in der Nähe des Masten im Viereck zwischen Frankenwinheim, Lülsfeld, Krautheim und Rimbach) gab es weitere Schäden. Hier wurden etwa 100 Bäume entwurzelt oder umgeknickt, vorwiegend Kirschbäume und Eichen. Damit ist die Schneise vom Strommast über den Frankenwinheimer Wald und den Ort Lülsfeld bis hin zum Wald südöstlich von Lülsfeld etwa 3,5 Kilometer lang.

Es folgen Berichte von Augenzeugen, die das Ereignis unmittelbar erlebt haben. Weitere Augenzeugenberichte folgen nach und nach.

Ein erster Eindruck von dem Geschehen direkt aus dem Kloster, in das die Trümmer eingeschlagen sind, mit freundlicher Genehmigung der Leiterin des Hauses:

"Orkan "Emma" hat die Schwestern des Erlösers heimgesucht….

Den meterologischen Frühlingsanfang am 1, März 2008 werden wir Schwestern in Lülsfeld nicht vergessen können. Wir Schwestern saßen in unserem Speisesaal beim Frühstück, eine Gruppe Gäste im Gästespeisesaal, als ca. um 8.10 Uhr urplötzlich der bisherige Sturm gleich einem Tornado losfegte, ein großer Blitz und Riesenknall folgten. Wir waren wie gelähmt und zugleich erschüttert über das Ausmaß der Verwüstung: An der Vorderfront waren fast alle Fenster eingebrochen, in den Räumen war der Boden voller Glassplitter und dem Gestänge, sowie den Folien von der gegenüberliegenden Solaranlage unseres Bürgermeisters. Wie Geschosse kamen die Teile herüber in unser Haus, Balken durchbrachen die Hauswand, im Josefshausgarten wurde die Josefsfigur gestürzt und zerbrochen und nebenan der große Walnussbaum entwurzelt. Die Autos unserer Gäste wurden demoliert. Alle Dächer wurden schwerst beschädigt, das Kupferblech hing herunter wie Vorhänge und wurde z.T. zusammengeschoben. Am schlimmsten hat es unser Türmchen erwischt, es knickte ab, nun muss es abgetragen werden. Die Dachdecker waren auch heute am Sonntag viele Stunden hier, um abzusichern und aufzuräumen auf den Dächern. Im Park sind mehrere Bäume umgeknickt und große Äste abgebrochen.
Am Samstag nach dem morgendlichen Chaos kam unser Glasermeister und verbarrikartierte den ganzen Tag mit Press-Spanplatten die vielen offenen Fenster. Anschrauben war nötig, weil für den Nachmittag ein erneutes Orkantief gemeldet war. So schlimm wie am Morgen kam es nicht, aber die Dachdecker mussten aufgeben, so konnten Pfarrer und Schwestern nicht im Josefshaus und in der Klausur übernachten. Unser Pfr. hatte Glück, denn er saß gerade beim Frühstück als hinter ihm das Oberlicht der Türe herausgerissen wurde und ihm beinahe auf den Kopf gefallen wäre. Sein Wohnzimmer mit Bücherschränken wurde auch beschädigt, einen Holzsessel hat es zerrissen, ebenso den Vorhang durch das beschädigte Fenster. Im Büro des Bildungshauses brach das Fenster ein, die Glassplitter fielen über Tisch und Drucker. Ein Glassplitter erreichte das Innere des Druckers und machte ihn unbrauchbar. Vor dem Büro im 1. Stck. drückte es das Fenster samt Außenwand ein.
Am Samstag bekamen wir viel Hilfe von der Freiwilligen Feuerwehr Lülsfeld, dem THW und von unseren Haustechnikern im Mutterhaus. Am Wahlsonntag, 02.03. war ein großer Schau-Tourismus in Lülsfeld. Das Kloster war besonders im Blickpunkt. Die Bevölkerung der Umgebung nimmt großen Anteil an unserer Heimsuchung.
Schwester M. Gundegard
Leiterin des Bildungshauses
Bildungshaus Maria-Schnee"

Weiterer Augenzeugenbericht eines Anwohners: "Also wach geworden bin ich eigentlich durch das starke Rütteln an meinem Rolladen (den hat es durch den sturm auch richtig nach außen weg gesaugt, hatte nach dem sturm einen richtigen bogen drin und lässt sich nicht mehr hochziehn) und durch den Donner (2 bis 3 Donnerschläge) (so um 8 uhr vielleicht). Den Wind hat man schon ziemlich stark pfeifen gehört.
Anschließend bin ich nebenan ins Bad gegangen und hab zum Fenster rausgeschaut. Zuerst war es einfach ein ziemlich starker Sturm, dabei hat es auch geregnet. Von Hagel kann ich nicht sprechen. Hab dann eine ganze Weile auf die Straße rausgeschaut. Auf einmal hat die Stärke des Orkans rapide zugenommen. Das Heulen des Sturmes wurde immer lauter und lauter.
Dann auf einmal, fast urplötzlich war der Hauptsturm da. Alles wurde auf einmal wie... ja... "weiß". Man hat überhaupt nichts mehr draußen erkannt. Und schon sind auch schon riesige Balken bei uns gegenüber im Klosterhof herumgeflogen (schlugen in die Wand ein). Fast alle Scheiben vom Kloster gegenüber gingen zu Bruch. Weiter oben wurden Bäume entwurzelt. Und die ganze Straße war übersäät mit Dachziegeln, so dass ein vorwärtskommen unmöglich war.
In dem Moment musste ich anfangen zu schreien, weil ich gedacht habe, mir kommt die Fensterscheibe entgegengesprungen. Der ganze Hauptsturm hat in seiner vollen Intensität vielleicht so um die 2 Minuten - würde ich sagen - gedauert. Danach stürmte es zwar noch weiter, aber das wie "weiße" war wieder weg.
Es war der pure Horror!!! Man hat gedacht, die Welt geht jeden Moment unter.
Wolken hab ich zurzeit des Hauptsturmes leider nicht gesehen, aber es war sehr regnerisch und trüb. Hat danach ja auch noch weitergeregnet. Und zur Zeit des Hauptsturmes konnte man von meiner Position aus den Himmel gar nicht überblicken, da die Windgeschwindigkeiten so groß waren und man eben quasi nur ein "weißes etwas" gesehen hat.
Eine Drehbewegung ist für mich schwer erkennbar gewesen. Allerdings hat es die Balken ja gegen die Hauswand des Klosters geschleudert. Was ich vor allem gesehen habe, war, dass der Orkan mit seiner ganzen kraft von Richtung Rimbach her kommend immer weiter nach unten (Richtung Schallfeld/Järkendorf) gezogen ist. Nach ca. 2 Minuten war der Spuk von meiner Position aus vorbei, hat aber eine Schneise der Verwüstung hinterlassen."

Weiterer Augenzeugenbericht eines Anwohners: "Am frühen Morgen war es durch Windböen und Regen sehr ungemütlich, wir haben eine geplanten Ausflug der Musikkapelle gegen 7:30 Uhr abgesagt, der an diesen Tag um 9:00 Uhr mit vielen Lülsfeldern stattfinden sollte. Ab ca. 7:55 Uhr wurden wir durch sehr starken Regen mit starken Windböen und angehenden Hagel ans Fenster gerufen, um dieses Schauspiel zu beobachten.
Nach ca. 10 Minuten *um 8:05 Uhr* haben wir ein in ca. 2 bis 10 Sekunden schnell vorbeiziehende dunkle Wand beobachtet. Nach dieser Wand war es sehr still und nur noch ein leichter Regen und Wind war übrig geblieben.
Nach kurzen Schock bin ich auf die Straße und zu meinen Nachbarn geeilt, es war wie eine Geisterstadt. *Gegen 8:15 Uhr* habe ich einen Notruf zur Feuerwehr Wache Schweinfurt abgesetzt, dann lief alles wie in einen Film ab, jede Stunde war eine Minute.
Nach Aussage der Fa. P. hat seine Familie Schutz im Keller gesucht, da sie dachten, dass ihr Haus einstürzt. Wir selber nur einen Bauplatz entfernt haben nur sehr starke Windböen und heftigen Regen wahrgenommen. Meine Garage und Garten wurden von einigen Schiefern (Kloster) und Alustangen von der Photovolttaikanlage getroffen.
Ich konnte *keine* Drehbewegung feststellen, da diese Wand sehr schnell wieder verschwunden war. Sichtbreite zwischen zwei Häusern ca. 60 m. Mir kam es wie eine schneller Durchzug (Windböe) vor."

Weiterer Augenzeugenbericht eines Anwohners: "Mein Wohnwagen stand in der Scheune hinter dem Kloster und vor dem Wendehammer Schleifweg, er erlitt Totalschaden. Ein weiterer Anhänger stand vor dem Unwetter auf der Südseite (innerhalb) der Scheune und war beladen mit Steinen und Holz. Er wurde teilweise über den Traktor, der während des Sturms in der Scheune war, durch die Luft gewirbelt (6-7 Meter) und kam auf der Aufladefläche zum Liegen. Das Gesamtgewicht dieses Anhängers (ca. 3 x 1,5 Meter) betrug ca. 300 Kg." Der Schaden ist durch Fotos belegt.

Links zum Tornadoverdacht in Lülsfeld:
Tornadoverdacht Lülsfeld (Skywarn)
Orkantief: Emma wütet besonders heftig in Lülsfeld (Mainpost, 01.03.08)
Ausnahmezustand in Lülsfeld (Mainpost, 01.03.08)
Massive Sturmschäden im Ort (Kreisfeuerwehrverband Schweinfurt, 01.03.08)
Emma-Schäden nicht so hoch wie bei Kyrill (Mainpost, 06.03.08)


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