Tornado Zöllnitz 23.11.84 von
Thomas Sävert
Baustofflager Neue Schenke 1
Baustofflager Neue Schenke 1
Baustofflager Neue Schenke 2
Baustofflager Neue Schenke 2
Verladestation
Verladestation
Bus, mehrere Meter von der Straße versetzt
Bus, mehrere Meter von der Straße versetzt
Abgedeckter Sozialtrakt
Abgedeckter Sozialtrakt
Garage davor Moskwitch
Garage davor Moskwitch
Bahnhof
Bahnhof
Haus, 100m entfernt im Ort
Haus, 100m entfernt im Ort
Trümmerfeld
Trümmerfeld
Eisenbahnwaggons
Eisenbahnwaggons

© by Polizeiarchiv Jena 1984
Tornado Zöllnitz 23. November 1984:

Links sehen Sie einige Fotos aus dem Polizeiarchiv Jena 1984, zum Vergrößern bitte jeweils auf die einzelnen Bilder klicken.

Aufarbeitung des Tornados von Zöllnitz bei Jena von Andre Bock und Jens Neubauer in Zusammenarbeit mit Skywarn Deutschland

Augenzeugen, die sich an den Vorfall vom 23. November 1984 gegen 06:30 Uhr erinnern konnten, beschrieben das Ereignis bzw. die Schäden wie folgt:

Augenzeuge 1:
Die "Windhose" kam aus Richtung Rutha und hat auf ihrem Weg in Richtung Zöllnitz mehrere Masten einer Überlandleitung sowie mehrere Obstbäume umgeknickt (einheitliche Fallrichtung). Sie zog etwa bis 100 m hinter die Neue Schenke und löste sich dann auf. Die Schäden traten in einer Schneise von ca. 200 m auf.
Dabei wurden leere Güterwaggons (siehe Foto "Volkswacht" Tageszeitung) umgeworfen und eine Holzbaracke völlig zerstört. Eine 24 m² große Betonplatte eines Bushäuschen wurde abgehoben und einige Meter weggeweht. Der Dachstuhl eines aus Mauerwerk bestehenden großen Getreidesilo wurde abgedeckt. Vom Bahnhofsgebäude wurden viele Ziegel heruntergeweht. Eine Halle,(heutiges Gelände Raab Karcher, siehe Fotos) die gegen äußere Einflüsse mit Asbestplatten zu den Seiten geschützt war, wurde komplett zerlöchert, viele Seitenplatten fehlten. Ein Bus landete durch den Sturm im Straßengraben.

Augenzeuge 2:
Ich war in dem Zug, der gerade den Bahnhof Neue Schenke verlassen hat. Die hinteren Waggons bewegten sich sehr stark hin und her und wir hatten Glück, daß wir nicht umkippten. Wer weiß was passiert wäre, wenn sich der "Sturm" ein paar Minuten früher entwickelt hätte, als noch viele Leute auf dem Bahnsteig standen. Einige Güterwaggons am Bahnhof hat es zur Seite umgekippt.

Augenzeuge 3:
Der "Wirbelsturm" zog bis etwa zur Autobahn (A4 Eisenach - Dresden, von Abfahrt Jena / Lobeda ca. 2 km weiter in Richtung Dresden).
Material wurde noch bis zur A4 getragen. Einige Dachschäden gab es an Häusern im nahegelegenen Ort Zöllnitz. Die geschätzte Breite der Schneise betrug ca. 200m.

Augenzeuge 4:
[Dieser Augenzeuge befand sich vermutlich in unmittelbarer Nähe des Tornados in einer Baracke, sonst hätte er diesen Tag wahrscheinlich nicht überlebt]

Mein Auto wurde völlig zerstört. Ich hatte es direkt auf dem Gelände geparkt. Es wurden alle Scheiben am Moskwitch (ehem.sowjetische Automarke) zerstört. Vermutlich ist dies durch herumfliegendes Material passiert. Anderen PKWs, die nur ein paar Meter weiter standen, sind nicht zu Schaden gekommen.. Die Zugrichtung des Sturmes war von Rutha kommend bis kurz hinter Neue Schenke. Die Polizei hat nach dem Ereignis Filme eingezogen bzw. vor Ort belichtet.
Am selben Abend berichtete die Aktuelle Kamera (TV Nachrichtensendung im DDR Fernsehen) über dieses Ereignis. Das Dach vom Heizhaus wurde weggeweht. Es hat den 20m hohen und 6m breiten Industrieschornstein in drei Teile zerlegt. Diese krachten von oben in das Heizhaus und zerstörten es fast vollständig. Eine Holzbaracke wurde dem Erdboden gleich gemacht und 2 Güterwaggons waren umgekippt. Man konnte stark verdrehte Bretter sehen, teilweise völlig zersplittert.

Es war ein extrem warmer und schwüler Novembermorgen und zu dieser Zeit noch dunkel. Als ich früh zur Arbeit ging, stand das Wasser noch in Pfützen auf dem Gelände. Dieses war danach völlig verschwunden, wahrscheinlich wurde es weggesaugt.
Ein Pkw wurde von dem kleinen herumfliegenden Material wie gesandstrahlt. Der Lack war nahezu komplett ab. In einer Gartenanlage, in der Nähe der Bahnanlage in Richtung Rutha / Jena, wurden viele Gartenlauben zerstört. Es grenzt an ein Wunder, daß nicht mehr Leute zu Schaden kamen. Bis auf ein paar Schnittverletzungen und einen Armbruch waren keine Verletzungen zu verzeichnen gewesen.
Auf der Straße in der Nähe des Bahnübergangs ist ein Lkw-Hänger mit großen, leeren Containern umgekippt und bei einem Bus wurden die Scheiben zerschlagen.

Augenzeuge 5 (Karsten Haustein)
Betroffen war die gesamte Neue Schenke! Eine Schranke war einfach weggeknickt, ein Güterwaggon komplett umgekippt, einer halb! Dies deshalb, weil die Wagen noch zusammengekuppelt und so auf gewisse Art ineinander verkeilt waren. Die Wagen standen dort (war also kein fahrender Zug), denn es musste auf freie Fahrt Richtung Stadtroda am dortigen Signal vor der eingleisigen Strecke gewartet werden. Das Dach des Bahnhofsgebäudes, welches auch heute noch dort steht, wurde komplett abgedeckt und eine DDR-typische Holzbaracke, auf dem heutigen Baustoffgelände (Raab Karcher), wurde komplett oder teilweise zerstört. So wie eben die Holzhütten in USA nach 'nem Tornado auch aussehen!

Andre Bock
Jens Neubauer

Links zum Tornado:
Eine Diskussion zu diesem Tornado und zur Berechnung der Windgeschwindigkeiten finden Sie auch im Forum der Wetterzentrale.


Zeitungsberichte zum Tornado:
Volkswacht /Thür. Landeszeitung 24.11.84
(aus Volkswacht/Ostthüringer Zeitung und Thüringische Landeszeitung vom 24.11.84)
"In Sekunden war es vorbei" (TLZ)
"Unwetter im Landkreis" (Volkswacht/OTZ)
Bahnhof neue Schenke (Volkswacht/OTZ)
Umgestürzte Güterwaggons (TLZ)
Weitere Schäden (Volkswacht/OTZ)

Artikel Ostthüringer Zeitung
Zeitungsausschnitt aus der Ostthüringer Zeitung vom 20.11.2004 - Zum Vergrößern bitte klicken (ca. 315 KB)

Artikel Volkswacht
Zeitungsausschnitt aus der Volkswacht vom 24.11.84, Ausgabe Landkreis Jena

Wetterlage 23.11.1984
Wetterlage 23.11.1984
Wetterlage am 23. November 1984:

An der Vorderseite eines umfangreichen Sturmtiefs mit Zentrum zwischen Island und Irland gelangte aus Sdwesten ungewöhnlich warme Luft nach Mitteleuropa.

(Quelle der Karte links: Wetterzentrale)

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