Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
A11) Was ist das "Auge"? Wie entsteht es und wie erhält es sich? Was ist die "eyewall"? Was sind "Spiralbänder"?

NOAA

Das "Auge" ist ein nahezu kreisrundes Gebilde mit vergleichsweise schwachen Winden und freundlichem Wetter im Zentrum eines starken tropischen Wirbelsturmes. Hier ist es häufig windstill und nahzu wolkenlos. Auch wenn es in der Mitte der Zirkulation weitgehend windstill ist, so können einzelne Böen weit in das Auge hinein gelangen. Es fällt wenig bis kein Niederschlag und manchmal ist der Himmel blau oder Sterne zeigen sich. Das Auge ist das Gebiet mit dem niedrigsten Luftdruck und den höchsten Temperaturen. In höheren Luftschichten - in etwa 12 km Höhe - kann die Luft im Auge 10 Grad wärmer sein als in der Umgebung, während der Unterschied am Boden nur bis zu 2 Grad beträgt (Hawkins and Rubsam 1968). Der Durchmesser des Auges reicht von etwa 8 km bis über 200 km, beträgt aber meist 30-60 km (Weatherford and Gray 1988).

Das Auge ist umgeben von der "eyewall", einem nahzu kreisförmigen Ring mit hochreichenden Schauern und Gewittern und den höchsten Windgeschwindigkeiten innerhalb des tropischen Wirbelsturmes. Das Auge ist angefüllt mit Luft, die langsam absinkt, und die eyewall besteht aus teilweise heftigen Auf- und Abwinden. Die relativ hohen Temperaturen innerhalb des Auges entstehen durch das Absinken und Zusammendrücken der Luft. Läßt man hier einen Wetterballon aufsteigen, dann registriert man zunächst feuchte und weiter oben trockenere Luft. Das liegt daran, dass das Absinken nicht bis zum Boden reicht, sondern nur bis etwa 1-3 km über dem Boden.

Wie das Auge genau entsteht, ist noch etwas umstritten. Eine Idee besagt, dass sich das Auge durch den abwärts gerichteten Luftdruckgradienten ausbildet, in Zusammenhang mit dem sich mit der Höhe abschwächenden Windfeld (Smith, 1980). Eine andere Hypothese nimmt an, dass das Auge entsteht, wenn in der Eyewall Wärme frei wird und im Zentrum des Sturms eine absinkende Luftströmung erzeugt. (Shapiro and Willoughby, 1982). Es kann durchaus sein, dass sich diese beiden Theorien widersprechen. In beiden Fällen wird die Luft, wenn sie absinkt, zusammengedrückt, sie erwärmt sich gegenüber Luft in der Umgebung in gleicher Höhe und steigt wieder etwas auf. Durch diese Gegenbewegung wird ein Teil des Absinkens ausgeglichen und das tatsächliche Absinken wird durch einen kleinen Überschuss an Kraft erzeugt.

Damit das Auge sich bilden und fortbestehen kann, ist auch die Konvektion (Schauer und Gewitter) in der eyewall wichtig. Die Konvektion in tropischen Wirbelstürmen ist in langen schmalen Bändern angeordnet, die in die gleiche Richtung zeigen wie der Bodenwind. Weil diese Bänder wie eine Spirale zum Zentrum des tropischen Wirbelsturms gerichtet sind, nennt man sie oft Spiralbänder. Entlang dieser Bänder herrscht am Boden Konvergenz (Zusammenströmen) und in der Höhe meist Divergenz (Auseinanderströmen). Ein Kreislauf entsteht, in dem feuchtwarme Luft am Boden zusammenströmt, dann in den Bändern aufsteigt und in der Höhe wieder auseinander strömt. Zu den Seiten hin sinkt die Luft wieder ab, dabei erwärmt sie sich und trocknet aus. Das Gleiche passiert im Zentrum eines Bandes, hier aber auf engstem Raum konzentriert, mit entsprechend starker Erwärmung. Dadurch entsteht innerhalb des Bandes ein Temperatur- und Druckgradient, weil warme Luft leichter ist als kalte. Wegen des Druckfalls im Zentrum des Bandes nimmt der Wind in der Umgebung zu. Schließlich wandert das Band in Richtung Zentrum und umkreist es - das Auge und die eyewall bilden sich (Willoughby 1979, 1990a, 1995).

Also wird das Absinken im Zentrum eines tropischen Wirbelsturms und damit das wolkenfreie Auge durch 2 Prozesse bestimmt: Die Zentrifugalkraft transportiert Luft aus dem Auge in die eyewall und erzeugt damit Absinken im Auge. Gleichzeitig bewirkt die Konvektion in der eyewall ebenfalls ein Absinken im Zentrum. Diese Vorgänge müssen noch näher untersucht werden, um herauszufinden, welcher Prozess vorherrschend ist.

Einige der stärksten tropischen Wirbelstürme weisen konzentrische eyewalls auf, zwei oder mehr eyewalls um das Zentrum des Sturms ( Willoughby et al. 1982,Willoughby 1990a ). Wenn sich die innere eyewall bildet, kann sich um die eyewall herum Konvektion (Schauer und Gewitter) in ausgeprägten Ringen anordnen. Möglicherweise bekommt die innere eyewall die Auswirkungen des Absinkens am Rande der äußeren eyewall zu spüren und die innere eyewall schwächt sich ab und wird durch die äußere ersetzt. Der Luftdruckanstieg durch den Zerfall der inneren eyewall ist dabei normalerweise größer als der Druckfall durch die Verstärkung der äußeren eyewall und für eine kurze Zeit schwächt sich der Sturm ab.

Einige Beobachtungen zeigen, dass möglicherweise auch das vorübergehende Einbeziehen etwas trockenerer Luft ins Zentrum eines entstehenden Sturmes oder Hurrikans die Ausbildung eines Auges fördern könnte. Ob ein solcher Effekt tatsächlich zur Entstehung des Auges beiträgt, ist aber derzeit noch völlig ungeklärt.

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