Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
H1) Was ist die Dvorak-Technik und wie wird sie angewandt?

zusammengestellt von Chris Landsea

Die Dvorak-Technik ist eine Methode, die Stärke eines tropischen Wirbelsturmes aus Satllitenbildern abzuschätzen. Vern Dvorak entwickelte das Schema zur Erkennung von bestimmten Mustern mit einem Baumdiagramm in den frühen 1970er Jahren (Dvorak 1975, 1984).

Man verwendet das aktuelle Satllitenbild und sucht es nach möglichen Musterarten ab: Spiralbänder, Schermuster, Augenmuster, Muster zentraler dichter Bewölkung (Central Dense Overcast, CDO), Einbettung des Zentrums oder ein Muster mit kalten Oberflächentemperaturen. Wenn Infrarotbilder für das Augenmuster verfügbar sind (normalerweise bei Hurrikanen, Zyklonen und Taifunen), dann kann für das Schema die Temperaturdifferenz zwischen dem warmen Auge und der tiefen Wolkenoberflächentemperaturen der Umgebung herangezogen werden. Je größer die Differenz, desto stärker wird der tropische Wirbelsturm eingeschätzt. Daraus ergibt sich schließlich eine "T-number" und eine "Current Intensity (CI) Number". CI-Zahlen wurden mit Messwerten von Aufklärungsflügen auf dem Atlantik und dem Nordostpazifik geeicht. Im Mittel entsprechen die CI-Zahlen folgenden Intensitäten:

Current Intensity Numbers (CI)
CI Number Maximaler Wind
einminütiges Mittel
(Knoten)
Kerndruck
(Hektopascal)
AtlantikNW-Pazifik
0.0<25--------
0.525--------
1.025--------
1.525--------
2.03010091000
2.5351005997
3.0451000991
3.555994984
4.065987976
4.577979966
5.090970954
5.5102960941
6.0115948927
6.5127935914
7.0140921898
7.5155906879
8.0170890858

Bitte bachten Sie, dass sowohl der maximale Wind als auch der Kerndruck voraussetzen, dass der Wind und der Luftdruck im Verhältnis immer gleichbleiben. Weil aber der Wind vom Luftdruckgradienten abhängt, weisen kleine tropische Wirbelstürme mit nur geringem Durchmesser (wie "Andrew" auf dem Atlantik im August 1992) höhere Windgeschwindigkeiten bei einem bestimmten Kerndruck auf als ein großer Sturm mit dem gleichen Kerndruck. Daher ist Vorsicht angebracht, die Tabelle sollte nicht einfach blind mit den oben genannten Verhältnis zwischen Wind und Luftdruck verwendet werden. Der Grund dafür, dass die tropischen Wirbelstürme auf dem Nordwestpazifik niedrigere Druckwerte aufweisen als die Stürme und Hurrikane auf dem Atlantik, liegt darin, dass der großräumige Luftdruck im langjährigen Mittel hier tiefer ist. Um hier den gleichen Wind und Luftdruckgradienten zu bekommen, muss der Kerndruck tiefer sinken.

Der durchschnittliche Fehler der Dvorak-Technik im Vergleich zu Messungen mit Aufklärungsflugzeugen beträgt auf dem Nordwestpazifik 10 Hektopascal mit einer Standardabweichung von 9 Hektopascal (Martin and Gray 1993). Abschätzungen für tropische Wirbelstürme auf dem Atlantik weisen wahrscheinlich ähnliche Fehler auf. Ein atlantischer Hurrikan mit einer CI-Zahl von 4.5 (Windgeschwindigkeiten von 77 Knoten und Kerndruck bei 979 Hektopascal) dürfte also tatsächlich Windgeschwindigkeiten zwischen 60 und 90 Knoten sowie einen Kerndruck zwischen 989 und 969 Hektopascal aufweisen. Dies ist die typische Spanne, der mögliche Fehler kann sehr groß sein. Wenn aber keine anderen Beobachtungen vorliegen, dann ist die Dvorak-Technik eine gute Methode, um wenigstens eine ungefähre Abschätzung über die tatsächliche Stärke zu erhalten.

Während die Dvorak-Technik für den Atlantik und den Nordostpazifik mit Flugzeugmessungen kalibriert wurde, so ist sie dennoch auch für andere Seegebiete mit nur wenigen Beobachtungen von Nutzen. Es wäre aber wichtig, die Dvorak-Technik eines Tages auch für die anderen Ozeane mit vorhandenen Daten abzugleichen.

Obwohl die Dvorak-Technik nur entwickelt wurde, um eine gute Abschätzung der aktuellen Stärke eines tropischen Wirbelsturmes zu bekommen, so kann man sie auch für eine 24stündige Vorhersage verwenden, indem man den aktuellen Trend der CI-Zahlen einfach extrapoliert. Ob diese Methode wirklich sinnvolle Vorhersagen liefert, ist nicht bekannt.

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