Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
H5) Wie erlebt man den Durchzug eines Hurrikans am Boden? Welches sind die ersten Anzeichen eines aufziehenden tropischen Wirbelsturms?

zusammengestellt von Neal Dorst

So wie jeder Mensch ein Individuum ist, so ist auch jeder Hurrikan anders. Jedes Erlebnis mit einem solchen Sturm ist einzigartig. Die folgende Zusammenfassung soll den allgemeinen Ablauf darstellen, wie man einen Hurrikan der Kategorie 2 erlebt, der sich der Küste nähert. Was Sie im Einzelnen erleben, kann aber auch ganz anders sein. Vor allem bei schnell ziehenden Hurrikanen erfolgt der gesamte Ablauf wesentlich schneller und der Luftdruck fällt kurz vor der Ankunft des Hurrikanzentrums sehr rasch, um direkt darauf extrem schnell wieder anzusteigen.


(Pressure = Luftdruck, hr = hours = Stunden)

  • 96 Stunden vor dem Landgang
    Zunächst gibt es keine sichtbaren Zeichen eines Sturms. Das Barometer zeigt einen gleichbleibenden Luftdruck an, der Wind ist schwach und umlaufend und Schönwetterwolken sind auf dem Himmel verteilt. Aber der aufmerksame Beobachter wird eine Dünung von etwa einem Meter Höhe (3 Fuß) auf dem Meer bemerken mit Wellen, die etwa alle 10 Sekunden auf den Strand treffen. Diese Wellen eilen einem Sturm auf See weit voraus, können aber ebenso auch von einem lokalen Windsystem ausgelöst worden sein.

  • 72 Stunden vor dem Landgang
    Wenig hat sich verändert, außer dass die Dünung auf 2 Meter Höhe (6 Fuß) angewachsen ist mit Wellen, die etwa alle 9 Sekunden auf den Strand schlagen. Dies bedeutet, dass der Sturm - immer noch weit draußen auf dem Meer - sich nähert.

  • 48 Stunden vor dem Landgang
    Wenn überhaupt, dann haben sich die Bedingungen eher verbessert.- Der Himmel ist nun weitgehend wolkenfrei, der Luftdruck gleichbleibend und der Wind ist nahezu still. Die Dünung ist auf 3 Meter (9 Fuß) angewachsen und kommt jetzt alle 8 Sekunden herein. Eine Hurrikanvorwarnung wird ausgegeben und in Regionen mit großer Vorwarnzeit beginnen erste Evakuierungsmaßnahmen.

  • 36 Stunden vor dem Landgang
    Die ersten Anzeichen des Sturms erscheinen. Der Barometerdruck fällt leicht, die Windgeschwindigkeit beträgt etwa 5 m/s (19 km/h, 10 Knoten, 11 mph) und die Dünung erhöht sich auf etwa 4 Meter (13 Fuß), sie kommt etwa alle 7 Sekunden herin. Am Horizont erscheint eine große Masse mit weißen Schleierwolken (Cirrus). Während sich der Wolkenschleier nähert, bedeckt er immer größere Teile des Horizonts.

  • 30 Stunden vor dem Landgang
    Der Himmel ist nun mit hohen Wolken bedeckt. Der Luftdruck fällt nun mit 0,1 Hektopascal pro Stunde ( 0,003 Inch / Stunde) und der Wind weht mit 10 m/s (37 km/h, 20 Knoten, 23 mph). Die Meeresdünung, die nun alle 5 Sekunden hereinbricht, wird mehr und mehr überlagert von der Windsee und kleine Schaumkronen bilden sich auf den Wellenköpfen. Eine Hurrikanwarnung wird herausgegeben und für tief gelegene Gebiete sowie Wohnwagensiedlungen werden Evakuierungen angeordnet.

  • 24 Stunden vor dem Landgang
    Unterhalb des bedeckten Himmels ziehen nun auch tiefere Wolken auf. Der Luftdruck fällt mit 0,2 Hektopascal pro Stunde (0,006 Inch / Stunde), der Wind nimmt zu auf 15 m/s (56 km/h, 30 Knoten, 34 mph). Die Wellen der Windsee weisen größere Schaumkronen auf und auf See bilden sich in Windrichtung weiße Streifen. Evakuierungen sollten abgeschlossen sein und letzte Vorbereitungen sollten zu dieser Zeit getroffen werden.

  • 18 Stunden vor dem Landgang
    Die tiefen Wolken werden dichter und bringen starke Regenbänder mit sowie böigen Wind. Der Luftdruck fällt deutlich mit einem halben Hektopascal pro Stunde (0,015 Inch pro Stunde) und der Wind heult mit 20 m/s (74 km/h, 40 Knoten, 46 mph). Das Stehen gegen den Wind wird schwierig.

  • 12 Stunden vor dem Landgang
    Die Regenbänder werden häufiger und der Wind nimmt kaum noch ab, wenn sie durchgezogen sind. Die Wolkenuntergrenze sinkt ab und der Luftdruck fällt mit 1 Hektopascal pro Stunde (0,029 Inch / Stunde). Der Wind heult mit Hurrikanstärke von 32 m/s (118 km/h, 64 Knoten, 74 mph) und kleine, lose Objekte fliegen durch die Luft; Äste werden von den Bäumen gerissen. Mit jeder Welle, die an Land schlägt, erobert das Wasser mehr Land und die Oberfläche ist von weißen Streifen und Schaumflächen überzogen.

  • 6 Stunden vor dem Landgang
    Der Regen fällt jetzt beständig und Windgeschwindigkeiten von 40 m/s (148 km/h, 80 Knoten, 92 mph) treiben ihn horizontal vor sich her. Der Luftdruck fällt um 1,5 Hektopascal pro Stunde (0,044 Inch / Stunde) und die Sturmflut steigt über das normale Hochwasser an. Es ist unmöglich draußen ohne festen Halt aufrecht zu stehen und schwerere Gegenstände wie Kokusnüsse und Bretter werden zu fliegenden Geschossen. Die Wellenköpfe werden abgerissen und machen aus der Meeresoberfläche eine weiße Masse aus Gischt.

  • 1 Stunde vor dem Landgang
    Es schien eigentlich unmöglich, aber der Regen ist noch stärker geworden, ein wahrer Wolkenbruch. Tief gelegene Gebiete im Landesinnern werden durch den Regen überflutet. Der Wind tobt mit 45 m/s (165 km/h, 90 Knoten, 104 mph) und der Luftdruck fällt ins Bodenlose mit 2 Hektopascal pro Stunde (0,058 Inch / Stunde). Die See ist weiß mit Streifen und Gischt. Die Sturmflut hat Küstenstraßen überschwemmt und 5 Meter (16 Fuß) hohe Wellen krachen gegen Gebäude in Strandnähe.

  • Das Auge
    Gerade als der Sturm seinen Höhepunkt erreicht, lässt der Wind nach und der Himmel beginnt aufzuhellen. Der Regen hört plötzlich auf, die Wolken reißen auf und der blaue Himmel kommt zum Vorschein. Der Luftdruck fällt aber noch mit 3 Hektopascal pro Stunde (0,09 Inch / Stunde) und die Sturmflut reicht am weitesten ins Land hinein. Wilde Wellen krachen in alles, was sich in ihrer Reichweite befindet. Bald flaut der Wind fast bis Windstille ab, aber die Luft ist unangenehm warm und feucht. Wenn Sie nach oben schauen, dann sehen Sie in alle Richtungen riesige Wolkenwände - herrlich weiß im Sonnenlicht.
    An diesem Punkt hört der Luftdruckfall auf und nach einem Moment beginnt er wieder zu steigen, bald so schnell wie er zuvor gefallen ist. Der Wind nimmt zunächst leicht zu und die Wolken der rückseitigen eyewall hängen über dem Zenit.

  • 1 Stunde nach dem Landgang
    Der Himmel verdunkelt sich, Regen und Wind kehren so stark zurück wie sie kurz vor dem Auge waren. Die Sturmflut geht langsam zurück, aber die gewaltigen Wellen schlagen noch immer an Land. Der Luftdruck steigt nun mit 2 Hektopascal pro Stunde (0,058 Inch / Stunde). Der Wind erreicht noch einmal 45 m/s (165 km/h, 90 Knoten, 104 mph) und schwere Gegenstände krachen nun von der Rückseite des Sturms in Gebäudeseiten, die sich vor dem Auge noch auf der windabgewandten Seite (Lee) befanden.

  • 6 Stunden nach dem Landgang
    Die Regenfluten halten an, aber der Wind lässt nach auf "nur" noch 40 m/s (148 km/h, 80 Knoten, 92 mph). Die Sturmflut geht zurück und reißt Trümmer mit auf das Meer hinaus oder hinterlässt Gegenstände aus dem Meer weit im Landesinnern. Es ist immer noch unmöglich draußen zu gehen.

  • 12 Stunden nach dem Landgang
    Der Regen fällt jetzt noch in einzelnen Bändern und der Wind lässt nach jedem Regenband nach. Die Wolkenuntergrenze steigt wieder an, während der Luftdruck mit 1 Hektopascal pro Stunde (0,029 Inch / Stunde) steigt. Der Wind heult immer noch fast mit Hurrikanstärke mit 30 m/s (111 km/h, 60 Knoten, 69 mph) und das Meer ist bedeckt mit Streifen und Schaumflecken. Der Wasserstand geht auf normales Hochwasser zurück.

  • 24 Stunden nach dem Landgang
    Die tiefen Wolken werden in einzelne Fetzen auseinander gerissen und die hohe Wolkendecke kommt wieder zum Vorschein. Der Luftdruck steigt mit 0,2 Hektopascal pro Stunde (0,006 Inch / Stunde), der Wind geht zurück auf 15 m/s (56 km/h, 30 Knoten, 34 mph). Die Sturmflut hat das Land wieder ganz freigegeben, aber das Meer ist immer noch mit kleinen Schaumkronen und großen Wellen bedeckt.

  • 36 Stunden nach dem Landgang
    Die durchgehende Wolkendecke reißt auf und die große Masse an weißen Schleierwolken verschwindet hinter dem Horizont.Der Himmel ist klar und die Sonne scheint. Der Luftdruck steigt leicht und der Wind weht mit 5 m/s (19 km/h, 10 Knoten, 11 mph). Überall befinden sich umgestürzte Bäume und beschädigte Häuser. Die Luft riecht nach abgestorbenen Pflanzen und Schlamm, der von der Sturmflut hinterlassen wurde. Alle Warnungen werden aufgehoben.

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