Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
H7) Wie reagiert der Ozean auf einen Hurrikan und wie wirken sich diese Veränderungen wiederum auf den Hurrikan aus?

zusammengestellt von Joe Cione

Die primäre Auswirkung eines Hurrikans auf den Ozean ist vor allem eine Absenkung der Wassertemperaturen (sea surface temperature = SST). Wie geschieht dies? Die starken Winde eines Hurrikans wühlen den Ozean auf und bringen so kühleres Wasser aus tieferen Schichten an die Oberfläche. Nach dem Durchzug eines Sturms kann sich das Wasser gleich um mehrere Grad abkühlen, manchmal bis zu 5 Grad (ca. 10 Grad Fahrenheit).

Abbildung 1 zeigt SSTs um 25 bis 27°C (77-81°F) einige Tage nach Durchzug des Hurrikans Georges im Jahre 1998. Wie die Abbildung 1 zeigt, ist das kalte "Fahrwasser" entlang der Zugbahn und auf der rechten Seite 3-5°C (6-9°F) kühler als die ungestörten SSTs im Westen und Süden (rot/orange steht für etwa 30°C [86°F]). Die Größenordnung und Ausbreitung der Abkühlung, die in dieser Abbildung gezeigt wird, ist sehr typisch für die Verhältnisse nach Durchzug eines Sturms.

Ein wichtiger Einwand ist allerdings, dass der größte Teil der Abkühlung um 3-5°C (6-9°F), der in Abbildung 1 gezeigt wird, dann auftritt, wenn der Sturm die Region bereits verlassen hat (in diesem Fall einige Tage nachdem "Georges" an Land gegangen ist). Die Größenordnung der Abkühlung, die direkt unter dem Hurrikan im Bereich der Starkwindregion des Sturms auftritt, ist eine viel wichtigere Frage, auf die Wissenschaftler eine Antwort finden wollen. Warum? Hurrikane beziehen ihre Energie aus dem warmem Ozeanwasser unter ihnen. Um eine genauere Abschätzung darüber zu erhalten, wie viel Energie vom Ozean in die Atmosphäre transportiert wird, müssen Wissenschaftler die Wassertemperaturverhältnisse direkt unter dem Hurrikan kennen. Unglücklicherweise sind direkte oder auch indirekte Messwerte der SSTs aus dem inneren Bereich eines Hurrikans sehr rar, da Windgeschwindigkeiten von 160 km/h und mehr (100 mph+), Wellen von 20 Metern Höhe und mehr sowie dichte Bewölkung die Messungen erheblich erschweren.

"Sehr rar" bedeutet zum Glück nicht, dass man einen solchen Messwert nur einmal während eines Menschenlebens erhält. Erst kürzlich waren Wissenschaftler der Hurricane Research Division (HRD) in der Lage, ein besseres Bild darüber zu erhalten, wie stark die Abkühlung direkt unter einem Hurrikan ist, indem sie zahlreiche Stürme in einem Zeitraum von 28 Jahren näher untersuchten. Sie fügten diese seltenen Ereignisse zu einem durchschnittlichen Gesamtbild der Abkühlung direkt unter dem Hurrikan zusammen.

Abbildung 2 zeigt, dass die Abkühlung - im Durchschnitt - deutlich geringer ausfällt als das 3-5°C (6-9°F) kalte Fahrwasser, das in Abbildung 1 gezeigt wird. In den meisten Fällen liegt die Ozeantemperatur unter einem Hurikan zwischen 0,2 und 1,2°C (0.4 and 2.2°F) tiefer als im umgebenden Ozean. Wie viel genau, das hängt von vielen Faktoren ab, darunter der Aufbau des Ozeans unter dem Sturm, der Zuggeschwindigkeit des Sturms, der Jahreszeit und in etwas geringerem Ausmaß der Stärke des Hurrikans (Cione and Uhlhorn 2003).

Auch wenn die Abschätzungen in Abbildung 2 eine deutliche Verbesserung des tatsächlichen Abkühlungsmusters unter einem Hurrikan darstellt, so können dennoch kleine Fehler bei den SSTs im inneren Bereich zu erheblichen Fehlberechnungen führen, wenn es darum geht, den Energietransport vom warmen Ozean direkt in den Hurrikan festzulegen. Wenn man alle anderen Faktoren unverändert lässt, dann kann eine Änderung der SST um 0,5°C (1°F) einen Sturm rapide verstärken oder ihn zusammenfallen lassen! Mit dieser Bandbreite versuchen Wissenschaftler an der HRD sowie an anderen Instituten die Möglichkeiten zu verbessern, um die Bedingungen in der obersten Ozeanschicht direkt unter einem Hurrikan genauer abschätzen, beobachten und vorhersagen zu können. Diese Bemühungen schließen statistische Untersuchungen ein, ebenso das Erstellen von Modellen und bessere Beobachtungsmöglichkeiten, damit Wissenschaftler die thermalen Bedingungen in der obersten Ozeanschicht besser verstehen können. Mit solchen Verbesserungen wird angenommen, dass zukünftige Vorhersagen von Intensitätsänderungen tropischer Wirbelstürme deutlich verbessert werden können.

Referenzen
Cione, J. J., and E. W. Uhlhorn, 2003: Sea Surface Temperature Variability in Hurricanes: Implications with Respect to Intensity Change. Monthly Weather Review, 131, 1783-1796.

Zurück zur FAQ-Startseite | Zurück zur Hurrikanseite von Thomas Sävert

zur Homepage von Thomas Sävert