Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
B1) Warum bekommen tropische Wirbelstürme Namen?

Aktuelle Namenslisten finden Sie unter der Frage B2.

Tropische Wirbelstürme werden benannt, um die Kommunikation zwischen den Meteorologen und der Öffentlichkeit zu verbessern und die Vorhersagen und Warnungen zu vereinfachen. Weil ein Sturm häufig eine Woche oder länger unterwegs ist und mehr als ein Sturm zur selben Zeit auftreten kann, verringern die Namen die Verwirrung darüber, welcher Sturm gerade gemeint ist.

Lange Zeit wurden tropische Wirbelstürme nur nachträglich benannt. Nachdem sie an Land gekommen waren und große Zerstörung angerichtet hatten, wurde an sie erinnert, indem sie entweder nach dem Tag des Heiligen benannt wurden, an dem sie stattfanden (wie die Wirbelstürme von San Felipe 1876, 1928) oder durch einige charakteristische Merkmale (der Hurrikan Salty 1810, der Yankee-Hurrikan 1935).

Nach Dunn and Miller (1960) wurde zum ersten Mal ein tropischer Wirbelsturm von Clement Wragge, einen ausstralischen Meteorologen, Ende des 19. Jahrhunderts benannt. Zunächst bezeichnete er die tropischen Wirbelstürme mit Buchstaben aus verschiedenen Alphabeten, dann begann er Frauennamen aus der Südsee zu verwenden. Als sich die neue Regierung weigerte, einen staatlichen Wetterdienst zu gründen und ihn als Direktor einzusetzen, gab er den Stürmen Namen von Politikern, die er nicht mochte. Indem er einen Sturm benannte, konnte der Meteorologe einen Politiker (der dem Wetterbüro gegenüber möglicher Weise nicht gut gestimmt war) z.B. als "eine schlimme Katastrophe verursachend" oder als "ruhig über den Pazifik wandernd" beschreiben.

Auch wenn Wragges Praxis der Namensvergabe hinfällig war, als sein Wetterdienst in Queensland geschlossen wurde, inspirierte die Idee 40 Jahre später den Autor George Stewart. In seiner Novelle "Storm" aus dem Jahr 1941 benannte ein Nachwuchsmeteorologe außertropische Stürme auf dem Pazifik nach Ex-Freundinnen. Die Novelle wurde verbreitet gelesen, besonders von Meteorologen der US Army und der Navy während des Zweiten Weltkrieges. Als Reid Bryson, E.B. Buxton und Bill Plumley nach Saipan versetzt wurden, um tropische Wirbelstürme vorherzusagen, entschiedenen sie, die Stürme - wie Stewart - nach ihren Freundinnen zu benennen. Im Jahre 1945 erstellte die Armee eine Liste mit Frauennamen für den Westpazifik. Man konnte aber den Wetterdienst der USA nicht dazu überreden, diese Praxis zu übernehmen.

Angefangen im Jahre 1947 begannen das Hurrikan-Büro der Luftwaffe in Miami tropische Wirbelstürme mit Namen aus dem phonetischen Alphabet (Able, Baker, Charlie etc.) zu benennen. In der sehr aktiven Hurrikansaison 1950 traten drei Hurrikane gleichzeitig auf, was zu großer Verwirrung führte. Grady Norton entschied dann, das Namenssystem der Luftwaffe auch für die öffentlichen Warnungen sowie in seiner jährlichen Zusammenfassung am Ende der Saison zu verwenden. Im Jahr darauf erschienen die Namen auch in Zeitungsartikeln.

Diese Praxis wurde rasch populär. Allerdings wurde 1952 ein neues internationales phonetisches Alphabet (Alpha-Beta-Charlie-etc.) eingeführt, was wiederum einige Verwirrung über Namen von Hurrikanen auslöste. Daher entschied der US-Wetterdienst 1953 die Praxis der Armee zu übernehmen und Frauennamen einzuführen. Das war sowohl umstritten als auch populär. 1979 - unter politischem Druck - fragte das National Hurricane Center (NHC) an, ob das Hurrikan-Kommittee für die Vorhersageregion IV zu einer Liste mit Hurrikannamen übergehen kann, die abwechselnd Frauen- und Männernamen aufweist. Damit folgte man der Praxis des australischen Wetterdienstes, die bereits 1975 eingeführt wurde.

Ein seltener Hurrikan nahe Hawaii im Jahre 1950 wurde Hiki (hawaiianisch für Able) benannt. Eine offizielle Namensliste für tropische Wirbelstürme in der Nähe der Inselgruppe wurde aber bis 1959 nicht aufgetellt. Erst im darauf folgenden Jahr wurde vom Wetterdienst in San Francisco eine Liste für den gesamten Nordostpazifik erstellt. Im Jahre 1978 wurden männliche und weibliche Namen verwendet.

Auf dem Nordwestpazifik bekamen die tropischen Wirbelstürme offiziell seit 1945 Frauennamen und seit 1979 abwechselnd männliche und weibliche Namen. Seit dem 1.Januar 2000 erhalten die Stürme hier Namen von einer neuen und völlig veränderten Liste. Die neuen Namen sind asiatische Namen und werden von allen Nationen und Territorien hinzugefügt, die Mitglied im Typhoon Committee der WMO sind. Diese neuen Namen unterscheiden sich in zwei Dingen von den restlichen, weltweit gebräuchlichen Namen:

  1. Die meisten sind keine Namen von Menschen. Es gibt wenige Frauen- und Männernamen, die meisten sind aber Namen von Blumen, Tieren, Vögeln, Bäumen oder sogar Lebensmitteln, während einige sogar beschreibende Adjektive sind.

  2. Die Namen werden nicht in alphabetischer Reihenfolge verwendet, sondern sind nach den namensgebenden Ländern alphabetisch sortiert. Zusätzlich vergibt der philippinische Wetterdienst eigene Namen für Stürme, die sich der Inselgruppe nähern.

Auf dem nördlichen Indischen Ozean bekamen die tropischen Wirbelstürme bis vor kurzem keine Namen. Seit der Saison 2006 werden auch hier Namen vergeben. Auf dem südwestlichen Indischen Ozean wurden die Stürme zum ersten Mal in der Saison 1960/61 benannt.

Rund um Australien und auf dem südlichen Pazifik (östlich von 90 Grad Ost, südlich des Äquators) bekamen die Stürme im Jahre 1964 Frauennamen und seit 1974/75 weibliche und männliche Namen.

Für den Südatlkantik gab es lange Zeit keine Namenslisten erstellt. Ein seltener Südatlantiksturm im Jahr 2004 erhielt den Namen Catarina. Ein anderes solches System wurde 2010 nachträglich als Anita bezeichnet. Ab 2011 wurde eine Namensliste für das Südatlantikbecken mit überwiegend brasilianischen Namen erstellt.

zuletzt überarbeitet am 14. Juni 2014

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