Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
C5a) Warum versuchen wir nicht, einen tropischen Wirbelsturm aufzulösen durch Impfen des Sturms mit Silberjodid?

Tatsächlich versuchte der amerikanische Wetterdienst Hurrikane abzuschwächen, indem er Silberjodid (Trockeneis) - eine Substanz, die sehr effektiv als Eiskerne einsetzbar ist - in die Regenbänder eines Hurrikans streute. Die Idee war, dass durch das Silberjodid die Konvektion (Schauer und Gewitter) außerhalb der eyewall in einem neuen Ring zunimmt, indem das unterkühlte Wolkenwasser gefriert, wobei latente Wärme frei wird und sich die Wolkenbildung verstärkt. Der neue Ring sollte sich verstärken und im Bereich der bisherigen eyewall in unteren Schichten die Konvergenz (Zusammenströmen) abschwächen. Mit der schwächer werdenden Konvergenz sollten sich die eyewall und damit auch die Windgeschwindigkeiten im Bereich des inneren Ringes abschwächen. Damit das Projekt erfolgreich sein konnte, musste ausreichend unterkühltes Wasser mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt vorliegen. Auf den ersten Blick eine gute Idee, aber sie wies unter anderem einen fatalen Fehler auf: Beobachtungen in den 80er Jahren zeigten, dass die meisten Hurrikane gar nicht genügend unterkühltes Wasser enthielten, damit das Projekt erfolgreich sein konnte. Die Bereiche mit aufsteigender Luft sind in Hurrikanen sehr schmal im Vergleich zu Superzellen in den mittleren Breiten. Die wenigen Fälle, in denen nach einer Impfung leichte Abschwächung beobachtet wurde, können eindeutig auf so genannte concentric eyewall cycles zurückgeführt werden.

concentric eyewallsWilloughby et al.(1985)

Concentric eyewall cycles treten ganz natürlich in starken Hurrikanen (>185 km/h, 50 m/s, 100 Knoten, 115 mph) auf. Wenn tropische Wirbelstürme diese Stärke erreichen, haben sie normalerweise - wenn auch nicht immer - eine eyewall und die Zone mit den höchsten Windgeschwindigkeiten zieht sich auf 10 bis 25 Kilometer zusammen. Gleichzeitig können sich einige äußere Regenbänder zu einem weiteren Ring aus Schauern und Gewittern formieren, der langsam in Richtung Zentrum wandert und dabei den inneren Ring von Feuchtigkeit und Impuls abschneidet. Während dieser Phase schwächt sich der tropische Wirbelsturm ab - die maximalen Windgeschwindigkeiten nehmen etwas ab und der Kerndruck steigt leicht an. Möglicherweise ersetzt die äußere eyewall die innere komplett und der Sturm kann wieder genauso stark sein wie zuvor oder in einigen Fällen sogar noch stärker. Ein solcher "concentric eyewall cycle" trat im Hurrikan Andrew auf, bevor er bei Miami auf Land traf: Der Hurrikan wurde sehr stark, eine äußere eyewall bildete sich, diese zog sich zusammen mit einer vorübergehenden Abschwächung des Sturms. Als die äußere eyewall die ursprüngliche ersetzt hatte, verstärkte sich der Hurrikan.

Die Natur brachte also zustande, was die NOAA zu erreichen hoffte. Kein Wunder also, dass man glaubte, die ersten Experimente wären erfolgreich gewesen. Mehr über das Projekt Stormfury lesen Sie bei Willoughby et al. (1985). Mehr über concentric eyewall cycles erfahren Sie bei Willoughby et al. (1982) und bei Willoughby (1990).

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