Hurrikan-FAQ von
Thomas Sävert
A15) Wie entstehen tropische Wirbelstürme?

hurricane formation

Damit sich ein tropischer Wirbelsturm bilden kann, müssen mehrere Voraussetzungen in der Atmosphäre gegeben sein (Gray 1968,1979) :

  1. Warmes Meerwasser (mindestens 26 Grad) bis in eine ausreichende Tiefe von etwa 50 Metern. Die genaue Tiefe ist aber nicht bekannt. Warmes Wasser wird benötigt, um die Energie für einen tropischen Wirbelsturm zu liefern. Geht ein tropischer Wirbelsturm aus einem außertropischen Tief mit höhenkalter Luft hervor, können auch Wassertemperaturen von 20 bis 25 Grad für die Bildung eines Subtropischen oder Tropischen Sturmes und eventuell auch eines Hurrikans ausreichen. Entscheidend sind nicht die absoluten Wassertemperaturen, sondern die Unterschiede zu den Temperaturen in höheren Luftschichten. Sind diese Differenzen groß genug, dann können sich um das Tiefzentrum Schauer und Gewitter ausbilden. Daher sind in Einzelfällen - wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt sind - auch bei noch tieferen Temperaturen hurrikanähnliche Stürme möglich. Der Übergang von tropischen Hurrikanen zu Polartiefs auf dem Nordmeer scheint fließend, mehr dazu auch unter Frage M7.

  2. Eine Atmosphäre, die mit der Höhe schnell genug abkühlt, um feuchte Konvektion zu erzeugen. Es ist die Gewitteraktivität, durch die die im Meerwasser gespeicherte Wärme für die Entstehung des tropischen Wirbelsturmes bereit gestellt wird.

  3. Relativ feuchte Luft in der mittleren Troposphäre (ca. 5 km). Eine trockene Luftschicht in dieser Höhe ist nicht gerade förderlich für die Gewittertätigkeit.

  4. Eine Entfernung von mindestens 500 km vom Äquator. Damit sich ein tropischer Wirbelsturm bilden kann, muss die so genannte Corioliskraft einen bestimmten Wert erreichen. Die Corioliskraft ist die Kraft, die die Abweichung einer Luftbewegung durch die Drehung der Erde bewirkt. Ohne die Corioliskraft kann ein Tiefdruckgebiet nicht bestehen.

  5. Ein bereits bestehendes Tiefdruckgebiet am Erdboden mit ausreichender Konvergenz (Zusammenströmen der Luft). Tropische Wirbelstürme können nicht spontan entstehen. Damit sie sich überhaupt bilden können, brauchen sie ein zumindest schwach organisiertes Tiefdruckzentrum. Das kann eine so genannte Easterly Wave sein oder ein Tiefdruckgebiet, das aus den mittleren Breiten in die Subtropen oder Tropen zieht.

  6. Niedrige Werte (weniger als 10 m/s oder 20 Knoten) der vertikalen Windscherung zwischen dem Boden und der höheren Troposphäre. Mit vertikaler Windscherung ist die Änderung des Windes mit der Höhe gemeint. Starke Scherung zerreißt einen tropischen Wirbelsturm bzw. verhindert dessen Bildung. Wenn ein bereits bestehender Sturm unter den Einfluss starker Scherung gelangt, bekommt er sozusagen Schieflage und schwächt sich meist rasch ab.

All diese Bedingungen sind für die Sturmbildung notwendig. Dennoch können sich selbst unter günstigsten Bedingungen nicht alle tropischen Tiefs zu Stürmen entwickeln. Jüngste Untersuchungen (Velasco and Fritsch 1987, Chen and Frank 1993, Emanuel 1993) haben ergeben, dass große Gewittersysteme (mesoscale convective complexes [MCC]) oft in der mittleren Troposphäre ein warmes Zentrum erzeugen. Diese Gewitterkomplexe haben meist einen Durchmesser von 100 bis 200 km. Die höchsten Windgeschwindigkeiten treten in etwa 5 km Höhe auf, doch ist am Boden kein klares Zentrum auszumachen. Zehr (1992) hat die Hypothese aufgestellt, dass die Entstehung von tropischen Wirbelstürmen in 2 Schritten abläuft:

  • In Stufe 1 produziert der MCC eine großräumige Zirkulation.
  • In Stufe 2 löst ein zweiter Schub an Konvektion die Intensivierung mit fallendem Bodendruck und zunehmenden Winden aus.
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